Einmal im Jahr hat man die Gelegenheit, über die schlicht benannte “Kunstmesse Leipzig” zu flanieren. Großformatige Malereien, Skulpturen und Fotografien sind zu bestaunen und ganz nebenbei kann man mit den Künstlern persönlich plaudern. Dazu ein Glas Sekt – und der regnerische Novembertag ist perfekt. Sammler kommen vorbei, um sich die Objekte, die sich sich vorgemerkt haben, in Augenschein zu nehmen. Und da die Messe schon zu vierten Mal stattfand, trifft man Bekannte und Interessierte gleichermaßen.
Die letzten zwei Jahre war ich mit Jea Pics als Aussteller vor Ort, in diesem Jahr gönnte ich mir eine Pause und begnügte mich als Besucher der Veranstaltung. Ich freute mich darauf, Neues zu entdecken und hier und da Hallo zu sagen. Natürlich durfte die Kamera nicht fehlen. Gleich am Eingang traf ich Roger König, der mit seinen großen, abstrakt-regnerischen Horizonten Kunstliebhaber bis in die USA begeistert. Ich konnte den zurückhaltenden Maler für ein Interview gewinnen, das ihr bald hier lesen könnt.
Blassblaue Horizonte, Ringe aus Feuer
Ein paar Schritte weiter faszinierte mich das Strohhalm-Bild von Zita Art So. Auch ihre weichen Farben der abstrakten Bilder fanden Anklang bei den Besuchern. Die Mixed-Media-Bilder von Verena C. Kloos erzählen Geschichten, jedes ist ein Kapitel. Ihr “Ring of Fire” umfasst gleich vier zusammenhängende Stadien. Vielschichtige Werke in großen Format sind Petra Reissmanns Leidenschaft. Wenn die oberste Schicht aufreißt, entdeckt man darunter stahlblaue Glätte. Immer wieder beeindruckend finde ich die Bilder von Ivan Gejko, dessen Malerei durch unerwartete Glitch-Elemente weniger klassisch als gegenwärtig-digital wirkt. Auch der spezielle Stil vom Jan Kromka gefiel mir sehr gut. Leider war er gerade nicht am Stand, aber auf seiner Webseite ist Folgendes zu lesen:
“I portrait what i love. I love beautiful people. I love selfish people. I love depraved people. I love weak people. I love people who don’t think too much. I love people who fail. I love people who never try. I love people who surrender. I love people who don’t care. I love people who pretend. I love people who lie. Because i don’t know other.”
Von Nahen betrachtete ich die auf Hammers Schneide balancierende Plastik von Ararat Haydeyan. Das Leben des gebürtigen Armeniers hat sich durch ein Erdbeben verändert. Inzwischen gibt er in seinem Atelier in Gut Saathain auch Jugendlichen Unterricht. Künstlerin Valentina Reschetizka mit ihren überlebensgroßen Ölmalereien stellte erstmals ihre “Rosenfrau” aus, die sie eigentlich ganz für sich behalten wollte. Zweimal hinschauen muss man bei ihrem Werk “Drei Augenblicke”. Slawa Gorjatschow, dessen ungewöhnliche Wachsbilder ich aus den Vorjahren kannte, war diesmal mit surreal anmutenden Bildern (und einem Lächeln) vor Ort. Natürlich gab es auch die abstrakten Malereien und Fotografien von Alesia Verenich zu sehen, eine der Organisatoren der Messe. Im Interview verrät sie mehr über ihren Werdegang und die Inspirationen zu den Bildern, die in echt besonders Eindruck machen.M
Märchenhafte Pinselstriche und Träume in Holz geschnitzt
Geradezu märchenhaft wirken die Gemälde von Stefan Bleyl. Märchen, Sagen und Gedichte inspirieren ihn, da sie eine geistige, jenseitige Welt erkunden. Von Carmen Varese erfuhr ich einiges über Skulpturen und ihre Strukturen und Oberflächen, hier gefiel mir besonders “Die Gezeichnete” mit ihren vergoldeten Rissen. Der Mensch als zerbrechliches Wesen, in seiner kraftvollen Vitalität finden sich in ihren Skulpturen wieder. Am Stand von Joachim Seitfudem war wie schon im letzten Jahr ein eindringliches Ticken zu hören. Der Künstler verarbeitet in seinen geschnitzten Figuren nicht nur seine Träume, sondern auch die Vergänglichkeit des Lebens, versinnbildlicht durch das Einbauen von Teilen alter Uhrwerke. Seine Plastiken baut er gern in schwarzen Boxen, so dass sie eine eigene kleine Welt für sich beanspruchen.
Das soll als kleiner Abriss der Aussteller genügen, natürlich gab es mehr zu entdecken als die Rosinen, die ich mir herausgepickt habe. Ich hoffe, Künstler und Organisatoren haben die Messe 2018 mit Erfolg abgeschlossen. Im kommenden Jahr wird sie aus dem Künstlerviertel Plagwitz wieder zurück in die Innenstadt ziehen und die Kongresshalle am Zoo schmücken. Wir sehen uns im November 2019!
Links:
– Interview mit Alesia Verenich “Eine Mixtur aus Werden und Vergehen”
– Webseite der Kunstmesse Leipzig